Aplomb

Da hat Katrin tatsächlich meine Lieblingsgeschichte gefunden – in Christchurch, auf Deutsch! Mal wieder ’n bißchen Gesellschaftskritik? Da:

„Ein entzückendes Haus, nicht wahr? Die beiden Köpfe, die Sie da sehen, gehören Negersklaven. Ein Emblem. In diesem Haus wohnte ein Sklavenhändler. Ah, damals spielte man noch mit offenen Karten! Man hatte Aplomb und sagte: ‚So ist das. Ich bin ein gemachter Mann. Ich handle mit Sklaven. Ich halte Negerfleisch feil.‘ Können Sie sich vorstellen, daß sich heutzutage jemand öffentlich zu diesem Gewerbe bekennt? Welch ein Skandal! Ich höre geradezu, wie meine Pariser Kollegen vom Leder ziehen! In dieser Beziehung verstehen sie nämlich keinen Spaß; sie würden keine Sekunde zögern, ein oder zwei Manifeste zu veröffentlichen, vielleicht sogar mehr! Wenn ich es mir recht überlege, würde ich sogar mit unterschreiben. Sklaverei? – Oho! Da sind wir allerdings dagegen! Daß man gezwungen ist, sie bei sich zuhause oder in der Fabrik einzuführen, meinetwegen, so will es die Ordnung der Dinge, aber sich noch damit zu brüsten – das wäre die Höhe!
Ich weiß wohl, daß man nicht darum herumkommt, zu herrschen oder bedient zu werden. Für jeden Menschen sind Sklaven ebenso lebensnotwendig wie frische Luft. Befehlen ist gleichbedeutend mit atmen, Sie sind doch auch dieser Ansicht?
Und selbst die Ärmsten unter den Armen bringen es fertig, zu atmen. Auch auf der untersten Sprosse der sozialen Stufenleiter hat man immer noch eine Frau oder ein Kind. Einen Hund, wenn man Junggeselle ist. Hauptsache ist, daß man sich erbosen kann ohne dem anderen das Recht zur Entgegnung zuzugestehen .“

A.C. Paris, 1956