Anständiger Umgang mit Fremden ist ein innerer Kampf

Da ist nun Europas „Zerreißprobe“: Flüchtlinge. Und alle wollen nach Deutschland,; dem Land dessen Waffenexporte die Syrer zu Flüchtlingen machen. Bisher war das nicht unser Problem. Nicht einmal, als der Irak mit Giftgas deutscher Marke beliefert wurde. Das ist nicht anständig für eine reiche Gesellschaft wie Deutschland.

Anstand verlangen wir Deutschen dagegen von den Flüchtlingen heutzutage – zu Recht. Ja, mehr noch: Jemand der Fuß auf deutschen Boden setzt akzeptiert und hat sie auszuüben, die Grundrechte. Das sind jene freiheitlichen Rechte, die mancher Deutsche momentan gerne selbst mit Füßen tritt, wenn er Hetzern folgt. Jene Grundrechte, die von einigen Deutschen noch nicht einmal gelesen wurden.

Die Ewigkeitsgarantie der ersten 20 Artikel des Grundgesetzes ist Strapazen ausgesetzt. Doch keine Großdemonstration der Besorgten wird sie so schnell un’s Wanken bringen, denn die Probleme in den unteren, den breiten Schichten der Bevölkerung lassen sich grundsätzlich mit Brot und Spielen – oder Geld und Spielkonsole lösen. 

Zur Zeit wird überall diskutiert: Unten und oben. Oben ist die europäische Kommission, dessen Chef sich gerade darüber beschwert, daß er endlich mal Probleme lösen muß, wo ihn keine Lobby berät. Unten ist die Bevölkerung, der im vergangenen Jahrzehnt die Agenda 2010 zugesetzt hat, der die Schwimmbäder und Turnhallen dicht gemacht wurden. Da geht sie hin, die Daseinsvorsorge. 

Kommunen, welche noch öffentliche Gebäude im Eigentum haben, sorgen damit für das Dasein der Flüchtlinge. Denen geht es nicht sonderlich gut darin: ohne Privatsphäre, auf engstem Raum, nur das Existenzminimum an Nahrung. Den deutschen Nachbarn im selben Ort geht es auch nicht gut: faktisch ist ihm ein Stück der Daseinsvorsorge genommen – die städtische Turnhalle nicht mehr nutzbar – eine Enteignung an den Bürgern. Genug Grund, sich zu echauffieren.

Jetzt die traurige Ironie: Die Turnhalle dient der Daseinsvorsorge im engsten Sinn. Sie gibt den Flüchtlingen Schutz und Wärme. Dennoch ist das für einige Bürger nicht wenigstens temporär hinnehmbar. Erstaunlicherweise ging kein solcher „Ruck“ durch die deutsche Medienlandschaft und Bevölkerung als Schwimmbäder, Turnhallen und städtische Eigenbetriebe jeglicher Art privatisiert oder geschlossen wurden. Alles, um Schulden zu begleichen, schnell flüssig zu sein. Zur Erinnerung: Wenn eine Immobilie oder ein Betrieb unrentabel ist, findet sich kein Käufer. Doch Käufer öffentlicher „Assets“ fanden sich immer. Zur Schuldentilgung hat es nirgendwo gereicht.

Diese Abstraktion der „Märkte“ hat den Vorteil, nicht greifbar zu sein, anders als der Ärmel oder das andersfarbige Gesicht eines Flüchtlings. Also haben die Märkte auch keine Angst vor Angriffen; es brennen keine Banken oder Waffenkonzerne. Sehr wohl brennen Flüchtligsunterkünfte. Jene, welche die Brände entfachen sind – wieder Ironie – der „Bodensatz“ der Gesellschaft – ganz genau wie die Flüchtlinge. Das ist nichts schlechtes – im Gegenteil: In einer Klassengesellschaft arm zu sein heißt nicht, unanständig sein zu müssen. Und für manchen scheint es dieser Tage schwer, Anstand zu wahren – vor allem, wenn der Zynismus der oberen Klassen immer augenscheinlicher wird. 

Anständig bleiben müssen wir aber, denn sonst übernehmen habituelle Muster unsere Entscheidungen vollständig, ohne daß man innehält und reflektiert. Dann sind Vorurteile eingraviert in unsere Hirne. Beste Voraussetzungen für harte Zeiten.
Ich bin entsetzt, wie manche Freunde und Bekannte, die hart arbeiten für ihr Geld oder am Hartz IV Tropf hängen den ultra-konservativen Gewinnungen zusprechen. Die Linke wird verdammt, stattdessen wird den Parolen eines CSU Vorsitzenden gefolgt, der einfach unanständig ist. Weil jener, so wie der – aus welcheM Hrab auch immer – auferstandene Edmund Stoiber mit erhobene, Zeigefinger zu Hilfe eilt. 

Kritik an der Asylpolitik der Bundesregierung ist verständlich. Das Niveau ist teilweise aber inhuman und der Hype ohne realistisches Abbild. Gerade die Konservativen, welche wollen dass alles so bleibt wie es ist, bekommen Zuspruch von einem Teil der Gesellschaft, der sich bisher Änderungen gewünscht hat: den Arbeitslosen, Kurzarbeitern, Ausgebeuteten. Dort ist die Amgst, das kleine Bißchen, was man besitzt, auch noch zu verlieren, weil man weiß, wie verwundbar man ist. 

Ironie und Tragik. Man will den Zynismus dieser Vorstellung nur noch auskotzen.
Kurz: Die Finanziell-Schwachen fordern Geld für Ausbeuter, weiterhin jede Menge unterbezahlte Jobs für sich selbst und wenn Ausländer, dann nur solche, die, hoch(aus)gebildet die System der Ausbeuter verbessern.