Das Leistungsschutzgesetz – GEMA für Google?

Ist es fair, dass Google News Millionenumsätze mit dem Bereitstellen von fremden Daten verdient, während die Presseverlage im digitalen Zeitalter um ihr Dasein kämpfen müssen? Eine Antwort bietet das Motiv des Entwurfes des neuen Leistungsschutzgesetzes – ein absurdes Zeugnis traditioneller Verzweiflung im digitalen Zeitalter.

Ist es fair, dass Google News Millionenumsätze mit dem Bereitstellen von fremden Daten verdient, während die Presseverlage im digitalen Zeitalter um ihr Dasein kämpfen müssen? Eine Antwort bietet das Motiv des Entwurfes des neuen Leistungsschutzgesetzes – ein absurdes Zeugnis traditioneller Verzweiflung im digitalen Zeitalter.

 

„Der Verleger hat kein eigenes Recht zu schützen, was er geschaffen hat.“ Ein Zitat aus dem Youtube-Video „Pro-Leistungsschutzrecht“. Weiter heißt es, dass die Reputation eines Presseartikels von der Marke des Verlages abhängig sei. Die „Marke ist Leistung und Leidenschaft der Verleger.“ Klarer geht es kaum. Das im Bundestag zur Abstimmung vorgelegte Leistungsschutzrecht, das allerorts die Gemüter erhitzt, ist ein Produkt der Verleger-Lobby. Sie hat ihre generelle Auffassung zur Rolle des Journalismus in ihrem Youtube-Video klargemacht: Es geht nicht um öffentliche Meinungsbildung, es geht um Business. Deshalb ist der Inhalt des Gesetzesentwurfs ein weiteres Beispiel wo der Staat von freien Wirtschaftsunternehmen überzeugt werden soll, regulierend einzugreifen. Es geht mithin um gewerblichen Leistungsschutz – analog zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG.

Zunächst: Das Leistungsschutzgesetz richtet sich nicht vordergründig gegen Blogger – auch wenn deren Aufschrei zur Zeit am lautesten durch das Internet tönt. Gewissermaßen soll eine Lanze gebrochen werden für den Qualitätsjournalismus, der Arbeit verursacht. Das automatische Generieren von fremden Inhalten, auf deren Grundlage dann Geld verdient wird, ist nicht fair. Zumindest ist es die Intention des Entwurfs, den sogenannten News-Aggregatoren, wie beispielsweise Google News, einen Riegel vorzuschieben. Deren Inhalt ist genau jene Sammlung und Verlinkung von Presseartikeln, welche sich Nutzer auf Desktops, Tablets und Mobilgeräten zu Gemüte führen. Google macht damit zweifellos Unmengen an Geld – zieht das Unternehmen doch Millionen von Nutzern auf seine Seiten. Einerseits erhöht das dessen Werbeeinnahmen, andererseits generiert Google Gewinn durch das Geld jener, die sich im Google-Verzeichnis wiederfinden möchten – also auch der Verlage. Damit wird der Sinn des Leistungsschutzgesetzes fragwürdig. Die Texte der News-Reader bestehen aus Überschriften und kurzen Einleitungstexten. Wer einen Artikel lesen will, wird auf die entsprechende (Verlags-)Seite geleitet. Der Entwurf des Leistungsschutzgesetzes ist geboren aus der allgegenwärtigen Beeinträchtigung traditioneller Geschäftsmodelle durch digitale Medien, in welche dennoch durch die Verlage investiert wird. Ist es danach schlichtweg Verzweiflung der digital überkommenen Institutionen? Die Pro-Leistungsschutzrechtler drücken sie in ihrem Video so aus: „Zahlen müssen diejenigen, die ungefragt die Leistungen anderer nutzen, um ihrerseits damit Geld zu verdienen. Schließlich sollte man im Internet vor allem auch eins bleiben: fair.“

Sollte das Leistungsschutzgesetz in seiner jetzigen Form in gültiges Recht gegossen werden, wird es nichts als Verwirrung und rechtliche Unsicherheit hervorrufen. Zum einen wird es keine zentrale Verwertungsgesellschaft wie die GEMA geben, welche die Grundsätze aufstellt und überwacht nach denen man für seine Verletzung haftbar wird. Jeder Verlag wird selbst entscheiden, wann er sich in seinem „Leistungsschutzrechten“ verletzt sieht. Des weiteren fragt sich, ob das Leistungsschutzgesetz tatsächlich rechtliche Lücken stopft, oder ein weiteres Glanzstück deutscher Überregulierung darstellen wird.

Die Bundesrechtsanwaltskammer urteilt in ihrem Gutachten mit Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf. Sie stellt klar, dass „das Gemeinwesen [unzweifelhaft] ein vitales Interesse an qualitativ hochwertigem Journalismus [hat]. Dazu gehört es auch, die Leistungen der Journalisten und Presseunternehmen wirksam gegen rechtlich nicht zu billigende Übernahmen durch Dritte zu schützen.“ Zwischen den Zeilen „eine einheitliche Systematik ist den gesetzgeberischen Entscheidungen für einzelne Leistungsschutzrechte nicht zu entnehmen“ könnte man lesen, dass andere Leistungsschutzrechte wie das der Tonträgerhersteller (§85 UrhG) einstmaliger Lobbyarbeit entsprungen sind.

Bei der Frage, ob das Leistungsschutzgesetz Lücken füllt, die das Urheberrechtsgesetz hinterläßt – danach ist die Verwendung fremder Werke ohne Genehmigung nicht gestattet – ergibt sich, dass die einzige Lücke in Auszügen journalistischer Texte, also „Kleinstbestandteilen“ besteht. Ist das nicht von der Zitierfreiheit des Urheberrechtsgesetzes erfaßt? Tatsächlich sieht das Gutachten rechtliche und tatsächliche Bedenken. Allein faktisch sieht es kaum eine Möglichkeit, die sogenannten „Snippets“ überhaupt ausfindig zu machen. Rechtlich sieht sie „im Bereich urheberrechtlich geschützter journalistischer Leistungen […] kein Bedürfnis für die Einführung eines Presse-Leistungsschutzrechts“. Vielmehr wäre das aus dem Leistungsschutzrecht resultierende „Verbietungsrecht der Verlage“ eine Beeinträchtigung der Informationsfreiheit der Bürger. In der Essenz würde durch das Gesetz die Zitierfreiheit des §51 UrhG ausgehebelt. Das ginge auch einfacher, indem man den Paragraphen einfach streicht.

Es ist durch das Urheberrechtsgesetz seit jeher nicht gestattet, komplette Artikel in das eigene Blog zu übernehmen – und das ist der Blogger-Gemeinschaft bewußt. Angeblich soll das Zitieren und Verlinken von Presseartikeln weiterhin gestattet sein, wenn es nicht-kommerziell erfolgt. An dieser Stelle scheiden sich die Geister. Besonders, wenn es um die juristische Bewertung von Werbeeinblendungen auf einer privaten Webseite handelt. In deutschen Gerichten wird dann evaluiert werden, ob ein Verstoß gegen das Leistungsschutzgesetz vorliegt, wenn ein Nutzer aus den Weiten des Internets auf einem Blog landet, weil der Autor die „geklaute“ Überschrift eines Presseartikels in seinem Text verwendet hat – und weil ein “Flattr” Button (das erlaubt Mikro-Spenden) auf seiner Seite klebt. Das neue Gesetz würde also vor allem die Blogger in seinen Konsequenzen unangenehm berühren.

Die Verleger stellen sich selbst ein Bein“ meint das Handelsblatt und stellt den Widersinn klar, wenn Verlagshäuser Unsummen an Geld in Suchmaschinenoptimierung stecken, anstatt den Google-Bots das automatische Verlinken mit „einer Zeile Code“ zu verbieten. Das eigentliche Problem wäre gelöst, oder nicht? Betrachten wir das Szenario von der anderen Seite, welches die Verzweiflung der traditionellen Verlage deutlich macht: Google nähme alle Links von – sagen wir – dem Springer-Verlag aus seinen Datenbanken. Könnte Google nicht plötzlich Geld dafür verlangen, dass Springers Artikel wieder in der größten Suchmaschine der Welt erscheinen?


„Der Verleger hat kein eigenes Recht zu schützen, was er geschaffen hat.“ Ein Zitat aus dem Youtube-Video „Pro-Leistungsschutzrecht“. Weiter heißt es, dass die Reputation eines Presseartikels von der Marke des Verlages abhängig sei. Die „Marke ist Leistung und Leidenschaft der Verleger.“ Klarer geht es kaum. Das im Bundestag zur Abstimmung vorgelegte Leistungsschutzrecht, das allerorts die Gemüter erhitzt, ist ein Produkt der Verleger-Lobby. Sie hat ihre generelle Auffassung zur Rolle des Journalismus in ihrem Youtube-Video klargemacht: Es geht nicht um öffentliche Meinungsbildung, es geht um Business. Deshalb ist der Inhalt des Gesetzesentwurfs ein weiteres Beispiel wo der Staat von freien Wirtschaftsunternehmen überzeugt werden soll, regulierend einzugreifen. Es geht mithin um gewerblichen Leistungsschutz – analog zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG.

Zunächst: Das Leistungsschutzgesetz richtet sich nicht vordergründig gegen Blogger – auch wenn deren Aufschrei zur Zeit am lautesten durch das Internet tönt. Gewissermaßen soll eine Lanze gebrochen werden für den Qualitätsjournalismus, der Arbeit verursacht. Das automatische Generieren von fremden Inhalten, auf deren Grundlage dann Geld verdient wird, ist nicht fair. Zumindest ist es die Intention des Entwurfs, den sogenannten News-Aggregatoren, wie beispielsweise Google News, einen Riegel vorzuschieben. Deren Inhalt ist genau jene Sammlung und Verlinkung von Presseartikeln, welche sich Nutzer auf Desktops, Tablets und Mobilgeräten zu Gemüte führen. Google macht damit zweifellos Unmengen an Geld – zieht das Unternehmen doch Millionen von Nutzern auf seine Seiten. Einerseits erhöht das dessen Werbeeinnahmen, andererseits generiert Google Gewinn durch das Geld jener, die sich im Google-Verzeichnis wiederfinden möchten – also auch der Verlage. Damit wird der Sinn des Leistungsschutzgesetzes fragwürdig. Die Texte der News-Reader bestehen aus Überschriften und kurzen Einleitungstexten. Wer einen Artikel lesen will, wird auf die entsprechende (Verlags-)Seite geleitet. Der Entwurf des Leistungsschutzgesetzes ist geboren aus der allgegenwärtigen Beeinträchtigung traditioneller Geschäftsmodelle durch digitale Medien, in welche dennoch durch die Verlage investiert wird. Ist es danach schlichtweg Verzweiflung der digital überkommenen Institutionen? Die Pro-Leistungsschutzrechtler drücken sie in ihrem Video so aus: „Zahlen müssen diejenigen, die ungefragt die Leistungen anderer nutzen, um ihrerseits damit Geld zu verdienen. Schließlich sollte man im Internet vor allem auch eins bleiben: fair.“

Sollte das Leistungsschutzgesetz in seiner jetzigen Form in gültiges Recht gegossen werden, wird es nichts als Verwirrung und rechtliche Unsicherheit hervorrufen. Zum einen wird es keine zentrale Verwertungsgesellschaft wie die GEMA geben, welche die Grundsätze aufstellt und überwacht nach denen man für seine Verletzung haftbar wird. Jeder Verlag wird selbst entscheiden, wann er sich in seinem „Leistungsschutzrechten“ verletzt sieht. Des weiteren fragt sich, ob das Leistungsschutzgesetz tatsächlich rechtliche Lücken stopft, oder ein weiteres Glanzstück deutscher Überregulierung darstellen wird.

Die Bundesrechtsanwaltskammer urteilt in ihrem Gutachten mit Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf. Sie stellt klar, dass „das Gemeinwesen [unzweifelhaft] ein vitales Interesse an qualitativ hochwertigem Journalismus [hat]. Dazu gehört es auch, die Leistungen der Journalisten und Presseunternehmen wirksam gegen rechtlich nicht zu billigende Übernahmen durch Dritte zu schützen.“ Zwischen den Zeilen „eine einheitliche Systematik ist den gesetzgeberischen Entscheidungen für einzelne Leistungsschutzrechte nicht zu entnehmen“ könnte man lesen, dass andere Leistungsschutzrechte wie das der Tonträgerhersteller (§85 UrhG) einstmaliger Lobbyarbeit entsprungen sind.

Bei der Frage, ob das Leistungsschutzgesetz Lücken füllt, die das Urheberrechtsgesetz hinterläßt – danach ist die Verwendung fremder Werke ohne Genehmigung nicht gestattet – ergibt sich, dass die einzige Lücke in Auszügen journalistischer Texte, also „Kleinstbestandteilen“ besteht. Ist das nicht von der Zitierfreiheit des Urheberrechtsgesetzes erfaßt? Tatsächlich sieht das Gutachten rechtliche und tatsächliche Bedenken. Allein faktisch sieht es kaum eine Möglichkeit, die sogenannten „Snippets“ überhaupt ausfindig zu machen. Rechtlich sieht sie „im Bereich urheberrechtlich geschützter journalistischer Leistungen […] kein Bedürfnis für die Einführung eines Presse-Leistungsschutzrechts“. Vielmehr wäre das aus dem Leistungsschutzrecht resultierende „Verbietungsrecht der Verlage“ eine Beeinträchtigung der Informationsfreiheit der Bürger. In der Essenz würde durch das Gesetz die Zitierfreiheit des §51 UrhG ausgehebelt. Das ginge auch einfacher, indem man den Paragraphen einfach streicht.

Es ist durch das Urheberrechtsgesetz seit jeher nicht gestattet, komplette Artikel in das eigene Blog zu übernehmen – und das ist der Blogger-Gemeinschaft bewußt. Angeblich soll das Zitieren und Verlinken von Presseartikeln weiterhin gestattet sein, wenn es nicht-kommerziell erfolgt. An dieser Stelle scheiden sich die Geister. Besonders, wenn es um die juristische Bewertung von Werbeeinblendungen auf einer privaten Webseite handelt. In deutschen Gerichten wird dann evaluiert werden, ob ein Verstoß gegen das Leistungsschutzgesetz vorliegt, wenn ein Nutzer aus den Weiten des Internets auf einem Blog landet, weil der Autor die „geklaute“ Überschrift eines Presseartikels in seinem Text verwendet hat – und weil ein “Flattr” Button (das erlaubt Mikro-Spenden) auf seiner Seite klebt. Das neue Gesetz würde also vor allem die Blogger in seinen Konsequenzen unangenehm berühren.

Die Verleger stellen sich selbst ein Bein“ meint das Handelsblatt und stellt den Widersinn klar, wenn Verlagshäuser Unsummen an Geld in Suchmaschinenoptimierung stecken, anstatt den Google-Bots das automatische Verlinken mit „einer Zeile Code“ zu verbieten. Das eigentliche Problem wäre gelöst, oder nicht? Betrachten wir das Szenario von der anderen Seite, welches die Verzweiflung der traditionellen Verlage deutlich macht: Google nähme alle Links von – sagen wir – dem Springer-Verlag aus seinen Datenbanken. Könnte Google nicht plötzlich Geld dafür verlangen, dass Springers Artikel wieder in der größten Suchmaschine der Welt erscheinen?