Gentechnik und das Glück, Deutscher zu sein

Eine Überlegung more geometrico: Wenn Lizenzen auf Saatgut von Monsanto & BASF gezahlt werden muß, was wären die Konsequenzen?  

Zunächst wird die Nachfrage nach Früchten der Ernte erhöht und damit der Preis: Einige Farmer können sich womöglich nicht leisten, Lizenzgebühren zu bezahlen, womit ihre Felder brach liegen. Das führt zu einer Verknappung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Grundnahrunsmittel werden teurer, was vor allem jene betrifft, die arm sind. Oder: Die Farmer zahlen Lizenzgebühren und der Preis auf die Ernten erhöht sich – was vor allem jene betrifft, die arm sind.
Beide Szenarien sind inhuman aber ökonomisch sinnvoll für jene, welche die Lizenzgebühren einstreichen. Die ganze Perversion dieses Marktmechanismus entfaltet sich im ersten Fall, wenn man bedenkt, daß es genug Boden gibt, auf dem Nahrungsmittel wachsen könnten. Ebenso gibt es genug Farmer, welche gerne anpflanzen würden, sich doch das Saatgut nicht leisten können. In solchen Fällen sieht der Geschäftsmann eine einfache Lösung: Die Lizenzgebühren können als Darlehen in zukünftige Forderungen übergehen, kurz: der Farmer zahlt erst, wenn er seine Ernte verkauft. Das Risiko von Ernteausfällen liegt dann bei ihm. Damit wären wir beim zweiten Fall: Die Ernte kann sich niemand wegen der umgelegten Lizenzgebühren leisten; die Farmer werden keinen Absatz für ihre verteuerten Produkte finden. Diesen kann man dann keinen Vorwurf machen, wenn sie sich entschließen, den Angeboten der Lobby nachzugeben und die Ernten einfach an diese zu verkaufen. Wie beispielsweise Sonnenblumen oder Mais, damit daraus Öl gewonnen werden kann. Das tankt dann ein umweltbewußter Amerikaner voller Stolz in sein Hybrid-Auto und fühlt sich ausgesöhnt mit der Umwelt. Der Großteil der Gewinne geht an Monsanto & Co., ein weiterer Teil ins Steuersäckchen und der Farmer bekommt auch noch ein paar Cents. Ökonomisch sinnvoll und für jede Regierung ein Gewinn.
An jenem Ort der Erde, wo die Pflanzen für das Öl angebaut wurden, entwickelt sich dann eine Tortilla-Krise zum Beispiel. Menschen hungern, weil die Früchte ihres Bodens in einem Hybrid Motor in Nordamerika verbrannt werden. Und sie dürfen noch dankbar sein, daß die erste Welt etwas für den Umweltschutz tut. Die Regierungen jener Länder gewinnen nichts – im Gegenteil: Sie müssen eine politisch instabile Lage in den Griff bekommen und ihren Bürgern Sozialleistungen zur Verfügung stellen. Das Geld kommt von jenen Staaten, in denen die Hybrid-Fahrzeuge herumrollen, zu einem angemessenen Zinssatz. Dieser Zinssatz wiederum wird in seiner Höhe von der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers bestimmt. Das nennt man dann – dem traditionellen Wettbewerbsgedanken des Neoliberalismus entsprechend – “Ranking”. Das geschieht nach einem konfusen Notensystem, von selbsternannten Experten wie Moody’s, Fitch und S&P in New York. Von privaten Unternehmen also, die sich anmaßen, die Kreditwürdigkeit ganzer Volskwirtschaften zu beurteilen. Das ist erlaubt, denn wir leben in einer freien Welt. Allerdings sind es die Regierungen der reichen Länder, die Darleiher also, welche auf den Rat dieser “Experten” Bezug nehmen. In Deutschland ist das beispielsweise die Solvabilitätsverordnung (SolVV), in welcher den Meinungen von Ratingagenturen legitimes Gewicht gegeben wird.
In den Industriestaaten ist die Synergie von Markt und Politik ein Erfolgsmodell gewesen: Die Wirtschaft kümmert sich um den Cash-Flow und die Politik baut Hürden ab. Die Politiker der Hersteller-Staaten wie Mexico oder Argentinien können dagegen nichts ausrichten: Free Trade Agreements – freie Handelsabkommen – haben diese gebunden. Mit politischer Freiheit haben diese nichts zu tun – es sind Verträge, die die ungehinderte Ausbreitung von Unternehmen sicherstellen. Das North American Free Trade Agreement (NAFTA) umfasst die USA, Canada und Mexico. Das sind 450 Millionen Menschen und ein Warenvolumen im Wert von 17 Trillionen US Dollar. Dagegen besitzt Mexico ein Bruttoinlandsprodukt von 1,2 Billionen US Dollar. Das ist nur ein Bruchteil von der Summe, die sich im Einflußbereich NAFTA’s bewegt. Ein kleines Beispiel das zeigt welche fiskalen Leichtgewichte Staaten tatsächlich sind.
Wir, daß heißt die Erdenbürger, gehören den Banken. Wir Europäer bekommen es bloß (noch nicht) mit der dann mit der Faust reingerieben – im Gegensatz zu den Dritt- und Schwellenländern. Über die urteilen wir negativ, wenn ihre Schornsteine die Umwelt verpesten. Schornsteine aus Fabriken, die nach Nordamerika und Europa unsere Unterhaltungselektronik liefern. Ist es nicht herrlich, auf der richtigen Seite geboren worden zu sein?