Wir brauchen mehr Kneipen [fragment].
Ich sehe den freie Willen als eines der entscheidensten Probleme der Gegenwart. Es ist die Frage nach unserer Selbstwahrnehmung. Und der Umstand einer pervertierten Aufklärung, die Zustand ist, also tot. Nach ihr sind wir autonome Wesen, gottesgleich durch originären Willen. Nach ihr ist die Person zu Vernunft fähig, weil sie einen eigenen Willen hat - und nicht, weil sie vernunftbegabt ist. Was von Vernunft übrig geblieben ist, ist die Möglichkeit, den eigenen freien Willen in einer Willenserklärung zu äußern. Aus Willenserklärungen werden Verträge, aus ihnen ensteht Schuld. Sie bedeutet Dissonanz mit der Perspektive, sich ihrer zu entledigen. Sie ist Motivator der rationalen Vernunft und hier endet unsere gegenwärtiger Vernunftbegriff. Der eigentliche Ursprung einer emotional-neuroplastischen Entscheidung wird nicht hinterfragt. Wir sind uns der Fremdbestimmtheit unserer Affekte nicht bewußt, dem Wozu unseres Daseins. Das entscheidet immer der, welcher den Begriff Fortschritt mit seinen Vorstellungen ausschmückt. Fortschritt bedient die Suche nach Selbstwahrnehmung: Schuld ist heute die Dissonanz überhaupt. Sie ist der soziale Kitt der Moderne, das Dispositiv - auch wenn Kapitalismus durch „Technofeudalismus” abgelöst wurde. Zumindest trägt sie den Autonomiegedanken des Vertrags, dem minimalen Ausdruck (Willenserklärung) des autonomen Subjekts. Ohne ihre Verantwortung wird freier Wille problematisch. Und auch wenn Technofeudalismus mit Daten, Profilen und der subjektiven Identität handelt, um Emotionen (desire, Wert) zu erzeugen, braucht er den Anschein von Freiheit, um […]