Armutssafari.
Als ich das Buch “Armutssafari. Von der Wut der abgehängten Unterschicht” kaufte, erwartete ich womöglich die Geschichte von jemandem, der sich auf “Safari” durch die Armut begibt, was immer das heißt. Die ersten Kapitel behandelten die persönliche Geschichte eines in Glasgow, in einem kaputten Haushalt aufgewachsenen Menschen, der die Armut kennt. Die Geschichte wurde schnell sozialkritisch, als er den geplanten Bau der Autobahn durch den lokalen Park und die vorausgehenden Proteste, die daraus erwachsende Gemeinschaft und die letztendliche Realisierung des Großprojekts, inklusive Shopping-Malls beschrieb. Nach und nach nahm die Richtung Konturen an. Ein Gedanke schien durch, den Darren McGarvey in Synthese mit Armut brachte: Vorurteil und Ablehnung. Es war plausibel, seiner Auffassung zu folgen. Wer sich als Teil einer Klasse begreift, ist in Abgrenzung den anderen gegenüber ungerecht. Eine Selbstgerechtigkeit, die in der “unteren” Schicht als Trotz und von allen darüber als Herablassung erscheint. Es kommt auf die Perspektive an. Nach und nach kristallisiert sich eine versöhnende Richtung heraus, die ich vollkommen unterstütze: Die kritische Selbstreflexion als Angelpunkt für das Miteinander, das Grenzen, im idealen Sinne, verwischt oder sogar auflöst. Doch dann die Enttäuschung: Er wird Vater und beginnt, sich plötzlich ganz anders zu reflektieren. Letztlich ist die Verantwortung jene, ein (selbst)kritischer Mitmensch zu sein, was McGarvey durch den Kontrast […]