Wachstum als Notwendigkeit der Sinngebung

Marx: „Das Bedürfnis nach einem ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeosie über die ganze Erdkugel.“

Und woher kommt dieses Bedürfnis nach Wachstum? Dem scheint niemand tatsächlich nachgegangen zu sein. Naturrechtliche Philosophie hat das Problem, daß sie von einer Vernunft beim Menschen ausgeht, die seine Emotionalität nicht berücksichtigt. Emotionalität ist das Eigentliche, welches man verfolgen muß. Gesellschafts- oder systemstrukturelle rationale Überlegungen sind nicht nötig. Wachstum entsteht aus dem Bedürfnis sich existentieller Ängste zu entledigen. Aus den ökonomischen Minima entsteht die Vorsorge, eine positiv rückversichernde Perspektive für die nahe und weite Zukunft. Der Mensch wägt sich in psychologischer Sicherheit, einem Gefühl der Ausgeglichenheit, wenn im Wachstum seine Anstrengungen reflektiert werden. Seine eigene Tüchtigkeit wird rückbestätigt.

Ökonomie ohne Wachstum kann nicht im Fokus einer Sinnstifung liegen, denn sie verändert sich nicht. Es gibt keine spürbare Rückversicherung im vermeintlichen Stillstand. Die Frage, ob der Mensch für die Sinnfrage nicht auf anderes ausweichen kann, darf während der Herrschaft des Wachstumsparadigmas nicht gestellt werden.

Noch einmal zur zugrunde liegenden These: Die Person, welche sich im eigenen Handeln in der Welt entäußert tut das im Spiel oder in der Arbeit. Beiden ist gemeinsam, daß sich der Geist in seiner Wirkung in der Welt reflektiert. Die Wirkung ist Beweis der eigenen Existenz. Im Spiel lustvoll, in der Arbeit zerstreuend und flüchtend vor Sorge, in der Depression Notwendigkeit. „I hurt myself today to see if I still feel.“ Fühlen der Welt ermöglicht die Spürbarkeit des Selbst. Das gilt ebenso für Solipsisten.