Wehrpflichtlotto.

Wenn der Staat Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe versteht, dann braucht es eine offene Debatte, keine Lostrommel. Die Amerikaner hatten das in den 1970ern schon als Programm.

Ob das mal ein Begriff wird? In Deutschland wird über die Möglichkeit diskutiert, junge Männer zur Wehrpflicht per Los einzuziehen. Die Befürworter argumentieren: Eine Lotterie entlaste die Mehrheit, gleiche Chancen aus und vermeide eine flächendeckende Pflicht. Man wirft also symbolisch alle wehrdienstfähigen Menschen eines Jahrgangs in einen Topf und zieht jene, die „dran sind“. Abstrakt betrachtet soll das objektiv wirken: kein Klassenprivileg, kein Ausweichen durch Beziehungen, kein Freikaufen, wie einst im Kaiserreich.

Doch gerade diese Gleichheitsbehauptung hält bei näherem Hinsehen nicht. Zufall ist nicht Gerechtigkeit. Er ersetzt lediglich ein klar begründetes Auswahlverfahren durch Blindheit. Und er blendet jene Faktoren aus, die eigentlich entscheidend wären: Wer ist psychisch geeignet? Wer trägt bereits familiäre Verantwortung? Wer studiert, wer pflegt Angehörige, wer engagiert sich sozial? Wer kann – und wer sollte? Es wird aber sicher genug Ausnahmen geben – so kennt man die deutsche Gesetzgebung.

Dazu kommt ein zweites Problem: Die Lotterie verschiebt Verantwortung. Sie nimmt dem Staat die moralische Begründungspflicht – und den Bürgern die Möglichkeit, bewusst „Ja“ oder „Nein“ zu sagen. Pflicht wird nicht erklärt, sie wird ausgelost. Politisch clever, demokratisch fragwürdig.

Wenn der Staat Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe versteht, dann braucht es eine offene Debatte, keine Lostrommel. Die Amerikaner hatten das in den 1970ern schon als Programm: