Dumme Maschinen: Google I/O und Duplex AI

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Es geschah auf der Google I/O 2019: Vor einem überdimensionalen Bildschirm steht Google-Chef Sundar Pichai und erklärt, dass Anrufe eines der größten Probleme seien. Anrufe machten uns das Leben schwer. Und Google ist hier, um unsere Leben einfacher zu machen. Er schreitet vor dem Bildschirm hin und her und erklärt, dass der Google Assistent solche Anrufe nun für den Nutzer vornimmt. Das Beispiel: Ein Frisörsalon. Auf dem Bildschirm spricht die Nutzerin „Lisa“ in ihr Android-Gerät und erklärt, dass sie gerne einen Friseurtermin am Dienstag zwischen 10 und 12 Uhr haben möchte. Die AI von Google ruft im Hintergrund bei einem Friseursalon an und unterhält sich mit einer natürlichen Stimme mit ihrem menschlichen Gegenüber. Das schlägt einen Termin am Nachmittag vor, worauf die AI nach Terminen zwischen 10 und 12 Uhr fragt. Als die Dame im Friseursalon meint, sie müsse nachschauen und brauche einen Moment, hört man von der AI-Stimme ein „Mh-hmmm“. Das Publikum lacht. Und an diesem Punkt bricht die Welt in zwei Teile: Die Geeks, die das besonders cool finden und alle ’normalen‘ Menschen, denen mehrere Gedanken durch den Kopf gehen könnten.

Beispielsweise, ob die Dame im Salon überhaupt weiß, mit was sie es zu tun hat. Höchstwahrscheinlich nicht. Und darüber, wie man sich verkohlt vorkommen muß, unwissend mit einer Maschine zu reden. Oder ob die AI in der Lage ist Smalltalk zu führen und was das für menschliche Kommunikation bedeutet. Das „Mh-hmmm“ der künstlichen Intelligenz ist bezeichnend für den Solutionism, der Dinge erschafft, die wir nicht brauchen. Es fördert maximal die Geek-Mentalität, also jene, die klischeehaft an blaßhäutige, dickliche und introvertierte Computerfreaks erinnert, welche sich in ihren Dunkelkammern asozial verkriechen. Falls das so wäre, ist die Google Duplex AI eine AI für Geeks von Geeks und sie löst nur Probleme einer bestimmten Bevölkerungsgruppe.

Etwas betagte Softwareingenieure wie ich denken dann eher daran, ihrem Telefon den Auftrag zu geben, am Dienstag einen Friseurtermin gegen 10 bis 12 Uhr zu machen, welches danach online und in Echtzeit mit der Datenbank der Friseure in der Umgebung abgleicht und mir den Termin klarmacht. Ohne Telefongespräch. Auf Seiten der Friseursalons ist ein digitaler Kalender und that’s it. Diese Methode ist zwar ebensowenig telefon-sozial, aber sie funktioniert mit Technik, die sehr viel weniger Ressourcen nutzt als eine künstliche Intelligenz. Letztere wird auf die Langsamkeit menschlicher Kommunikation trainiert und schließlich dumm gemacht. Das ist Solutionism.