Der Individualismus der 1970er äußerte sich im Folgejahrzehnt in Ausgefallenheit: Ob Mode, Autos, Makuep oder Musik. Eine Art überschießende Innentendenz war zu sehen. Die Verheißung des jungen Neoliberalismus war es, von der Massenware zur individuellen Produktion überzugehen. Vierzig Jahre später ist die Massenware allgegenwärtig, aber ihre Tarnung ist besser geworden. Automobile präsentieren sich in verschiedenen Karossen mit den gleichen Innereien. Hervorragend ist der Staubsauger. Er stammt aus dem späten 19. Jahrhundert und hat sich prinzipiell nicht weiterentwickelt. In tausenden verschiedenen Designs ist er erhältlich und die Ideen scheinen nicht auszugehen. Technik ist zu dem geworden, was Mode ist; ein Spielzeug und Luxus ohne Notwendigkeit.
Designs und Gimmicks, also spezielle Funktionen, die aus einem Staubsauger ein „Pro“-Modell machen, sind Mittel zur Klassifizierung. Sie muß dem Typ des Konsumenten entsprechen, der sich damit klassifizieren lassen muß.
Sie ist eine so hochgradig differenzierte Klassifizierung, dass sich alle „Typen“ von Personen einfangen lassen. Dabei bleiben offene Lücken zwischen den Typen, die Nuancen, die jede Person so verschieden macht. Es ist eine Tendenz des Kapitalistischen und auch des Politischen, die feinen Typisierungen zu vergröbern. Ab einem bestimmten Punkt übernimmt eine Hybris, die mit immer simpleren Methoden immer krassere Verhalten erreichen will. Die großen, offenen Begriffe wie Freiheit oder Würde beginnen, diese Umstände zu spiegeln. Freiheit wird zu einem Korsett, wie die des Volksgenossen oder des neoliberalen homo oeconomicus. Keiner von denen existiert wahrhaftig, weshalb diese Reduktion wie die Vergröberung der Typisierungen, zur Verstümmelung der Bedeutung und zu zerstörerischer Entfremdung zwischen ihnen und Person wird.
So wie die Designs von Staubsaugern zu einer gleichgültigen Masse verschwimmen, so geschieht es mit den Informationen. Auch im Internet regieren die großen Konzerne – die „Kulturindustrie“ hatten Adorno und Horkheimer sie genannt. Sie sind darauf bedacht, ihre Identitäten so wenig wie möglich preiszugeben. Alles andere erweckte den Anschein des monopolitischen Einheitsbreis. Für die Person, die sich heute als Individuum begreifen will, funktioniert das nicht. Wir lernen immer wieder dazu, wie weit und tief das Geflecht (der Filz) von Lebensmittel- oder Technologiekonzernen reicht. Die größte Anzahl unserer individuell designten Produkte sind Massenprodukte stammen von einer Handvoll Unternehmen.
Die Vergröberung der Klassifizierung von Produkt und Person wird durch abundance verschleiert. Das menschliche Gehirn ist jedoch ein Mustererkenner. Es braucht allerdings Zeit und Fokus, weshalb Zerstreuung in jeder Form hilfreich ist, Klassifizierungen zu vertuschen. Für das Internet liefern Algorithmen und künstliche Intelligenz inzwischen individuelle Abwandlungen ein und derselben Botschaft. Je mehr Datenpunkte einer Person existieren, umso anschmiegsamer lassen sich Produkte wie Weltbilder vermitteln. Die Achillesferse ist das Wachstumsparadigma, dem diese Algorithmen entspringen. Sie kennen nur Beschleunigung. Und auch wenn sie vermeintlich einem gestressten Individuum zur Entschleunigung helfen, so verkaufen sie ein Produkt. Die Fluktuation von Be- und Entschleunigung sind nur kleine Ausschläge auf einer nach oben steigenden Skala der Beschleunigung selbst. Der Takt wird für die Person bald unüberhörbar.