Nachhaltigkeit

Billig produzierte Ware enthält immerhin Ingenieurleistungen, deren Wert an und für sich besteht. Dieser Wert ginge für jene verloren, die sich die Nachhaltigkeit nicht leisten könnten. Es gäbe weder billige Hosen noch billige Mobiltelefone, Toaster oder Küchenmaschinen. Gesellschaftlicher Druck baut sich auf.

Stell‘ dir deine Elektrozahnbürste vor, welche zu 100% mit Plastik ummantelt ist, vor und dann, wie sie als Aluminium- oder Edelstahlmodell wirken würde. Schön, nicht? Am besten ein Modell mit zeitlosem Design und Langlebigkeit. Zehn, zwanzig Jahre vielleicht. Eine solche Zahnbürste wäre beinahe ein Segen für die Welt.

Wie teuer wäre so ein Gerät? Dreihundert, vierhundert Euro vielleicht? Für eine Zahnbürste!? Nun, der Betrag ist ausgedacht. Und womöglich gibt es nach oben hin kaum Grenzen. Diese Anfangsinvestition gälte für alle nachhaltig produzierten Geräte, den Toaster, die Kaffeemaschine, die Waschmaschine, sogar für Autos. Alles würde weitaus teurer, was zwei gewichtige Probleme aufwirft.

Zum einen würde unser Geld weniger wert. Das elektrische Putzen der Zähne oder ein Auto würde für viele zum Ding der Unmöglichkeit. Paradoxerweise kostet die Neuanschaffung der billigen Dinge über die Zeit wahrscheinlich mehr als ein Gerät, welches überdauert. Wir würden gewahr werden, wie die „Armensteuer“ funktioniert. Sie nimmt für billige Waren kleine Beträge und verlangt bald Neuanschaffungen, sobald die kurze Lebensdauer abgelaufen ist. Angenommen, man kauft eine Elektrozahnbürste alle 2 Jahre für 50 Euro. Nach 12 Jahren, nach unserer ausgedachten Berechnung, wäre ein Break-Even erreicht. Man hätte 300 Euro ausgegeben und ab diesem Zeitpunkt werden die Neuanschaffungen der weiteren billigen Zahnbürsten teurer als die eines hochwertigen und nachhaltigen Produkts. Diese Rechnung läßt sich auf alles anwenden: Klamotten, Schuhe, Mobiltelefone. Wir bemerken, dass wir uns Nachhaltigkeit nur auf Dauer leisten können. Es gäbe nur die Möglichkeit, sich von vornherein zu verschulden, um hochwertige Güter anzuschaffen.

Ein zweites Problem wäre der Umstand, dass ein großer Teil der Gesellschaft plötzlich auf bisher alltägliche Dinge verzichten müßte. Billig produzierte Ware enthält immerhin Ingenieurleistungen, deren Wert an und für sich besteht. Dieser Wert ginge für jene verloren, die sich die Nachhaltigkeit nicht leisten könnten. Es gäbe weder billige Hosen noch billige Mobiltelefone, Toaster oder Küchenmaschinen. Gesellschaftlicher Druck baut sich auf.

Nach alledem ist das keine Verteidigung der günstigen Waren mit kurzer Lebensdauer – im Gegenteil. Ich sehe bloß keinen anderen Ausweg als Verzicht, wenn wir nicht von unseren Müllbergen gefressen werden wollen.