Bedingungsloses Grundeinkommen? Jein.

Ob 1.000, 1.300, 2.000 oder 10.000 Euro pro Monat: Die "Selbsregulierungskräfte des Marktes" werden hier entsprechend in Aktion treten, um die Beträge zu entwerten. Insbesondere der Inflationsmechanismus wird in Gang gesetzt werden. Auch wenn das Bürgergeld erarbeitet wurde, ist seine Auszahlung quasi eine Schenkung, sie erzeugt keine Gegenleistung in Arbeit oder Gütern. Diese Einseitigkeit bringt Ökonomen dazu, von Inflation zu reden. Weil dem Geld nun weniger Waren gegenüberstehen, vermindert sich seine Kaufkraft. Erstaunlich, dass dieses Prinzip offenbar nicht für Kapitalerträge gilt, wo Zinsen und Renditen aus Geld selbst gezogen werden.

Ein klares „Jein“ zum bedingungslosen Grundeinkommen. Es ist nicht so, dass sich Deutschland das nicht leisten könne. Es ist auch nicht so, dass man es ablehnen müßte, weil reiche Mitbürger davon profitierten. Dass dem Manager eines Großkonzerns 1000 Euro monatlich überhaupt auffällig werden, ist eine Sache. Dass der Nutzen für diejenigen, welche das gebrauchen könnten höher ist, darum geht es.

Das bedingungslose Grundeinkommen hätte — wenn es funktionieren würde — erhebliche Vorteile für die Gesellschaft. Zum einen stellt es Stabilität her, welche westliche Demokratien in diesen Zeiten dringend gebrauchen können. Andererseits ermöglicht es den Empfängern, stressfreier, produktiver und kreativer zu sein. Es hätte insofern sogar eine bildende Wirkung, denn es ermöglicht die Selbstreflexion eines zuvor gestressten, gehetzten und als „asozial“ verschrienen Individuums. Es stellt die Möglichkeit zu Würde her, wenn jemand nicht in unterbezahlten Werkverträgen Anstellung suchen und in Gängen der Arbeitsämter herabgewürdigt werden muß.

Hier liegt das Problem des bedingungslosen Grundeinkommens. Es gibt keine Bedingungslosigkeit in einem leistungsorientierten System, wo Güter verknappt werden. Im angelsächsischen nennt sich diese Verknappung (oder auch Vermehrung) [wiki]buffer stock scheme[/wiki]. Danach werden Preise stabil gehalten, indem Waren entweder vorgehalten oder vernichtet werden. Damit wird die Schwankung von Angebot und Nachfrage praktisch ausgeglichen.

Was geschieht, sobald jedermann 1000 Euro monatlich „mehr“ zur Verfügung hat? Wird das Geld gespart werden, so gut es möglich ist? Selbst wenn das der Fall wäre — das gegenwärtige Wirtschaftssystem ist nicht auf Sparer ausgelegt. Das Geld muß im „Wirtschaftskreislauf“ aufgehen, arbeiten, fließen. Um jenen Fluß zu gewährleisten, werden Lebensmittel, Energie und Wohnraum verknappt, was letztlich zur Entwertung des Bürgergeldes hinausläuft. Kurz gesagt: Es ist unerheblich, wie hoch der monatliche Betrag des Grundeinkommens sein wird: Er wird vom Markt aufgefressen.

Eintausend Euro würden vielen Menschen helfen, ihr Leben unabhängig und würdevoll zu gestalten. Die Voraussetzung ist nun gerade, dass „alles bleibt, wie es ist“. Dass 1000 Euro den gegenwärtigen Wert behalten. Die Dynamik des gegenwärtigen Wirtschaftssystems versteht Geld jedoch nicht als Wert, sondern eher als Anspruch. Im Juristischen ist Geld nur eine Sache als Münze oder Papierschein. Buchgeld dagegen ist eine reine Schuldverschreibung. Und jene Schuldverschreibung ist das dem Geld zugrundeliegende Prinzip, sein Wert. Die Stabilität der Währung ist danach für arm oder reich fundamental. Nur wenn Arbeit in Geld „gespeichert“ werden kann, ohne dass dieses Geld – und damit die Arbeit – an Wert verliert, ist Vertrauen in Verträge gegeben. Das Geld muß einen beständigen Wert als Anspruch gegen einen anderen behalten. Eine Erhöhung auf der Nachfrageseite führt immer zur Verknappung der Güter auf der anderen und damit zu steigenden Preisen.

Ob 1.000, 1.300, 2.000 oder 10.000 Euro pro Monat: Die „Selbsregulierungskräfte des Marktes“ werden hier entsprechend in Aktion treten, um die Beträge zu entwerten. Insbesondere der Inflationsmechanismus wird in Gang gesetzt werden. Auch wenn das Bürgergeld erarbeitet wurde, ist seine Auszahlung quasi eine Schenkung, sie erzeugt keine Gegenleistung in Arbeit oder Gütern. Diese Einseitigkeit bringt Ökonomen dazu, von Inflation zu reden. Weil dem Geld nun weniger Waren gegenüberstehen, vermindert sich seine Kaufkraft. Erstaunlich, dass dieses Prinzip offenbar nicht für Kapitalerträge gilt, wo Zinsen und Renditen aus Geld selbst gezogen werden.

Das Geld hat als Forderung „zu leisten“. Dieses Leistungsparadigma gilt auch für den Staat: Es gibt keine Leistung ohne Gegenleistung. Arbeitslosengeld II ist nicht frei. Es liegt unter dem Existenzminimum und ist an die Bedingung von Arbeitswilligkeit geknüpft. Sobald der Staat Sozialleistungen ohne Bedingung auszahlt, ist das im Licht des Leistungsprinzips eine Schwächung seinerseits. Dieses Geld fehlt, um Gläubiger von Staatsanleihen auszuzahlen. Das ist eine Seite des neoliberalen Vertragsrecht: Staaten sind vertraglich verpflichtet; auch sie haben zu leisten, wenn es um das Geschäft geht.

Kurz: Die Einführung eines Bürgergelds per se durchbricht die Problematik der Leistungsgesellschaft nicht. Solange das neoliberalistische Paradigma sich selbst regulierender Märkte vorherrscht, bleibt Grundeinkommen wirkungslose. Nach aller pessimistischer Vorarbeit aber, ist die Studie um die Auswirkungen eines Bürgergelds bei den Versuchspersonen der richtige Schritt, denn sie bietet Argumentation zur Durchsetzunge gesellschaftlicher Alternativen. Insbesondere wird wichtig sein, darauf zu achten, wie sich das allgemeine Wohlbefinden, das Glück, oder die [wiki]Eudämonie[/wiki] jener entwickelt hat, welche sich dem Hamsterrad der Wachstumsökonomie entziehen konnten.