Profit oder Freiheit?

Wir muten den Menschen freiheitseinschränkende Maßnahmen zu. Maske, Impfung, Versammlungsverbot, 3G, 2G, 2G+ und Verlust des Einkommens. Kultur und soziale Nähe werden stark eingeschränkt. Das alles zum Schutz des Gesundheitssystems, das in Pandemiezeiten der erste Angriffspunkt politischer Instabilität zu werden droht. Dabei wird der Stimmung der einzelnen Betroffenen wenig Gewicht beigemessen und stattdessen aus der großen Gruppe der Skeptiker werden die Spinner, Extremisten und Sturköpfe stellvertretend ausgewählt. Es sei Unvernunft, sich nicht impfen zu lassen. Womöglich. Dass sich Geister an dieser Frage scheiden vernebelt den Blick auf andere wichtige Belange, die ursprünglich für die Covid-Problematik sind.

Die Frage nach der Impfwilligkeit ist zwar nicht unwichtig, aber zu früh gestellt. Fraglich ist zunächst, ob eine Impfung in 2021 noch 2022 effektiv sein wird. Ob auch die knapp 70% der geimpften Deutschen noch geschützt sein werden, wenn die Omikron-Mutante und ihre Nachfolger auf den Plan treten. Wird es nun alle halbe Jahre neue Impfstoffe geben? Wird es für Impfgegner ein neues Argument geben, sich nicht impfen zu lassen, das heißt: „Es wirkt ohnehin nicht“?

Es ist eine einfache Theorie: Wenn effektive Impfstoffe in kurzer Zeit auf über 80% der Weltbevölkerung verteilt würden, wäre Covid-19 nahezu ausgelöscht. Weil es kontrollierbar wäre. Das setzt aber voraus, dass die ganze Welt Zugang zu Impfstoffen bekommt. Warum geht das nicht? Zum einen steht der Schutz geistigen Eigentums im Weg. Impfstoff-Formeln sind patentiert von Pharmakonzernen. Auf die Diskussion reagieren die unisono mit Argumenten wie: Es seien zuwenig weltweite Ressourcen vorhanden, um diese flächendeckend zu produzieren. Es gäbe zuwenige Experten, zuwenig Labore, zuwenig Know-How und zuwenig Glasampullen. Das sind Ausreden, meinen „Ärzte ohne Grenzen“. Tatsächlich führte die Politik im Mai 2021 Diskussionen um die Freigabe von Patenten auf Impfstoffe oder Zwangspatente. Es war eine kurze Diskussion, nachdem Joe Biden seine Auffassung kundgab, die Patente aufzuheben. Mehr ist seither jedoch nicht geschehen und man muß feststellen, dass der „Schutz geistigen Eigentums“ oder Profitmaximierung von Pharmakonzernen weniger antastbar sind als Menschenrechte.

Stattdessen gibt es COVAX. Ein Projekt der Industriestaaten, deren Population weniger als zwanzig Prozent der Weltbevölkerung ausmacht. Im Grunde hat sich COVAX zum Ziel gemacht, die überschüssigen Dosen an Impfstoffen an den Rest der Welt zu liefern. Diese Spenden sind abhängig von tatsächlichem Verbrauch und Logistik. Mit COVAX ist kein Masterplan möglich, sondern es begründet eine Abhängigkeit des Großteils der Weltbevölkerung von der Spendenwilligkeit der westlichen Welt. Es funktioniert genauso wie die Welthungerprogramme, nämlich sehr bescheiden. Dass diese Problematik zu Problemen in der westlichen Welt führt, ist viel zu wenig in‘s öffentlich Bewußtsein vorgedrungen.

Solange Patentschutz auf Impfstoffe besteht sind polarisierende Diskurse zwar unerheblich, doch zugleich werden sie weiterhin zunehmen und spalten. Denn die Zeit arbeitet gegen uns alle, außer für die Produzenten immer neuer Impfstoffvarianten.